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Das Tal des Rio Maule |
Meine Reise fuehrt mich immer weiter in Richtung Norden, dem schoenen Wetter hinterher. Am Donnerstag (11. April) fuhr ich von Pucón nach Talca. Das hat ca. 8 Stunden gedauert. Aber ich hatte viel Platz auf meinem Semi Cama und die ganze Zeit keinen Sitznachbarn. Diese Sitze sind echt bequem, viel Beinfreiheit, Stuetze zum Beine hochlegen und weit zurueckzuklappen - eben fast ein Bett. Sowas haette ich gern mal auf nem Langstreckenflug. Und dann gehts immer schoen geradeaus auf der Panamericana, da wird nicht mal mir uebel. Da hab ich das Aussteigen an der Kreuzung nach Talca fast als unsanft empfunden. Nun stand ich dort in diesem eher haesslichen Ort und suchte im Einkaufsgetuemmel mein "Hotel Cordillera". Dort hatte ich ein haessliches, teures Einzelzimmer. In Talca war irgendwie kein Hostal mit Dorms aufzutreiben. Und die allseits angepriesene Casa Chueca war mir einfach zu weit draussen.
Am Freitag hatte ich mir einen Ausflug zur Kueste nach Constitución vorgenommen, was ca. 100 km entfernt ist. Dazu wollte ich um 7:15 die letzte Schmalspurbahn Chiles nehmen. So hiess es wieder frueh aufstehen und im Dunkeln zum Bahnhof tappen. Dieser ist, ausser dem Container fuer den Ticketverkauf, eine triste Baustelle. Der ganze Ort ist von den Folgen des letzten Erdbebens im Februar 2010 gezeichnet.
Dann war angeschlagen, dass der Zug wegen Streckenbauarbeiten etwas spaeter abfaehrt und fuer die Strecke statt der ueblichen 2 1/2 Stunden jetzt 4 Stunden benoetigt. Aber nun war ich ja einmal da und bestieg den klapperigen Wagen mit zerkratzten Fenstern, die zum Teil auch nicht mehr geschlossen werden konnten. Und es war eisig kalt. Der Wetterbericht hatte zwar mindestens 25 Grad angekuendigt, aber da hatte ich die enormen Tag- Nachtunterschiede nicht bedacht. Ausser mir konnte ich nur 3 Chilenos auf Ausflug als Touristen erkennen. Sonst fuhren eigentlich nur Streckenbauarbeiter mit schicken orangen Signalwesten mit. Nach 2 Stunden war Zugwechsel angesagt und ich konnte mich endlich ein wenig in der Sonne waermen und die Maenner bei der Arbeit beobachten. Fuer jeden Handgriff gabs mehrere scherzende Kommentatoren. Und dann zuckelte die Bahn weiter, dem Lauf des Rio Maule folgend durch die Idylle. Eigentlich wirklich schoen hier.
In Constitución angekommen, setzte ich mich gleich in den Bus nach Putú, um das dortige riesige Sandduenenfeld am Meer anzuschauen. Aber irgendwie hat da meine eigene Reiseleitung versagt. Mir wurde zwar die Richtung gewiesen, aber irgendwie war da kein Weg weg von der Strasse, kein Schild, keine Orientierungskarte. Das Spanisch der Leute hab ich auch nicht verstanden und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass sie mir wirklich helfen wollten, eher, dass sie sich ueber mich lustig machen. Das war mir dann zu daemlich und mir ist die Lust vergangen in der Mittagshitze bloed rumzusuchen. Andere Touristen waren natuerlich auch nicht anzutreffen und das Hotel am Platz sah sehr geschlossen aus. So hab ich dieses Highlight abgeschrieben und bin nach Constitución zurueck.
Dieser Ort war erstmal auch nicht geeignet, meine Stimmung aufzubessern. Hier war 2010 zum Erdbeben auch noch ein Tsunami gekommen und hatte die Stadt zerstoert. Dazu steht mitten in der Stadt, direkt am Meer, auch noch eine qualmende und stinkende Zellulosefabrik. Ich hab mich aber tapfer zur Kuestenpromenade durchgekaempft, wo schwarze Straende mit wilder Brandung und spektakulaeren Felsen auf mich warteten. Den Rueckweg bin ich dann immer entlang der Kuestenpiste mit viel Muell, rechts die Zellulosefabrik, links das Meer, bis zum Muendungsbereich des Maule. Ueberall war zu sehen, dass am Wiederaufbau gearbeitet wird und schon wieder ein paar nette Flecken entstanden sind. Insgesamt bleibt aber ein eher trauriges Bild haften, bei eigentlich phantastischer Kulisse.
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Spuren der Zerstoerung |
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Eigentlich eine herrliche Kulisse |
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Kueste bei Constitución
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Nach diesem anstrengenden Ausflug freute ich mich nun riesig, wieder aus der Stadt rauszukommen. Ich hatte mich im Refugio del Tricahue beim Armerillo angemeldet. So kaufte ich fuer die naechsten Tage ein, denn in Armerillo gebe es nur los basicos und liess wieder eine Menge Unnoetiges in der Abstellkammer des Hotels. Der Weg von ca. 1 1/2 Stunden fuehrte an einem Stausee vorbei und ging kurz vor Armerillo in eine Schotterpiste ueber, die Asphaltstrasse befand sich auf der anderen Flussseite.
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kleines Paradies - Refugio del Tricahue |
Ich wurde direkt vorm Eingang des Refugio abgesetzt und gleich von Dimitri, dem belgischen Besitzer, in Empfang genommen. Er fuehrte mich in ein kleines Holzhaus im Wald, mit kleinem Pool und Sauna daneben. Da gab es eine Sitzgelegenheit im Schatten, eine Kueche, nette Haushunde, ganz viel Ruhe und ich hatte das Bett unter den Sternen - was will man mehr. Und so bleibe ich hier 4 Naechte, 2 davon habe ich das Haus fuer mich allein und fuehle mich ganz weit weg, ohne Telefon und Internet - im Nirgendwo gibts auch kein Netz.
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Ueberm Bett ein riesen Fenster - der direkte Blick in die Sterne
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und ich bin nie allein |
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Parque Tricahue |
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... help is coming, when you need it most... |
Am Tag darauf geh ich mal wieder auf Wanderschaft in dem privaten Naturpark Tricahue. Und es soll mal wieder 600 m rauf und wieder runter gehen. Der Weg ist staubig und voll Geroell und es ist richtig heiss heute. Den Blick zurueck auf das Flusstal, die Farben des Herbstwaldes, die Voegel und Eidechsen kann ich so nur schwer geniessen. Oben bin ich k.o. und spare mir den Abstecher zu Wasserfall und Aussichtspunkt. Und dann folgt der Weg nach unten, sausteil und manchmal recht nah am Abgrund. "Schoene Scheisse!" fluche ich vor mich hin. Und dann hoere ich Stimmen hinter mir, die ersten heute. Ich bitte die 3 Stundenten aus Talca auf Sonntagsausflug, mit mir zusammen abzusteigen. Das tun sie dann auch und in Begleitung erscheint mir der Weg nur noch halb so schlimm. Aber ich hab erstmal genug von Bergwanderungen und erhole mich einen ganzen faulen Tag in Dimitris kleinem Paradies.
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Laguna Maule |
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Dimitri ganz entspannt "bei der Arbeit" |
Und weil ich so sparsam war, leiste ich mir am Dienstag einen echt teuren Ausflug mit Auto und Dimitri allein. Ein bisschen Luxus muss schliesslich sein. So steige ich 9:30 zu ihm ins Auto und wir fahren weiter am Rio Maule entlang ins Niemandsland zwischen Chile und Argentinien. Das Auto hat ganz schoen zu tun, um in 70 km von 500 m auf 2500 m Hoehe zu kommen. Den ersten Halt machen wir an den Saltos de Acroiris (Regenbogenwasserfaelle) im Valle de los Condores. Da gibts uebrigens ne Menge Kletterwege und ein entsprechendes Treffen jeden Januar, wer mal schauen moechte: www.guiaescaladachile.com. Ich hab leider weder Regenbogen noch Condor gesehen, irgendwas mit dem Wind ... Endpunkt der Fahrt war die Laguna Maule, wo sich Dimitri fuer den vielen Muell entschuldigt hat, den die Fischer da hinterlassen. Hier oben machte sich Wuestenfeeling breit, die ueppige mediterane Vegetation war verschwunden. Auf dem Rueckweg haben wir dann angehalten, um zu Thermalquellen im Flusstal zu spazieren. Dort haben die Leute direkt am Fluss kleine Staubecken gebuddelt, um das aus der Erde kommende heisse Wasser aufzufangen. So hab ich als Kind Stauseen im Bach angelegt. Und in diesen Kuhlen kann man sich dann in das warme, gelbe, schlammige Wasser legen und danach gleich im kalten Fluss abkuehlen. Das haben wir dann auch gemacht und Dimitri war gaaanz entspannt, wenn auch etwas wortkarg. Aber ich rede ja auch nicht mehr um jeden Preis, wenn es schwer ist, sich wirklich auszudruecken in einem holprigen Gemisch aus Englisch und Spanisch. Dann laechele ich ihn eben bloss an.
Am naechsten Tag hiess es Abschied nehmen. Und es ist mir das erste Mal schwer gefallen, weiter zu ziehen.
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Valle de los Condores |
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